Kleine Vera
Originaltitel: Malenkaja VeraUdSSR, 1988
Regie: Wassili Pitschul
Drehbuch: Maria Chmelik
Kamera: Jefim Resnikow
Musik: Wladimir Matezki
Darsteller*innen: Natalia Negoda, Andrej Sokolow, Juri Nasarow, Ljudmila Sajzewa
Produktion: Filmstudio für Kinder- und Jugendfilme Maxim Gorki
BJF-Empfehlung: ab 16 Jahren, FSK: ab 16 freigegeben
Länge: 136 Minuten
Spielfilm, Farbe
"Eine dumpfe Kleinbürgerfamilie, der Vater Lastwagenfahrer, kränkelnd, säuft; die Mutter, immer keifend, ebenfalls kränklich, ist Textilarbeiterin; ihre Tochter Vera, mit der Schule fertig, Null-Bock auf nichts, oberflächlich, wild, hat Spaß am Sex und an allem, was Eltern ärgert. Sie angelt sich den blond gelockten Sergej, Ingenieurssohn, ein hochnäsiger Beau, der bei Veras Familie als künftiger Schwiegersohn einzieht. Und dann wird bis aufs Blut gekämpft, im Wortsinne, denn die Streitereien und Sticheleien eskalieren, bis Veras Vater Sergej ein Messer in den Bauch rammt ....
Am Anfang und am Ende des Films steht ein langer Schwenk über die Heimat der 'kleinen Vera' - etwas, das mit dem Wort Stadtlandschaft euphemistisch umschrieben wäre. Blass, verwaschen, graublau der Himmel über Industrieschloten, Fabriken, Eisenbahnwracks, Wohnsilos, Schrotthalden. Dem entspricht die provozierende Enge überall, in der winzigen Wohnung mit dem Fluchtpunkt Balkon, im Krankensaal, im Wohnheim, im Polizeirevier. Die KLEINE VERA gerät aber nie in die Gefahrenzone von Kitsch, Trübsinn, melodramatischem Umkippen - Pitschul, Chmelik und die furiose Hauptdarstellerin Natalja Negoda steuern die drastische Geschichte mit Sarkasmus, Witz und beißender Ironie." (Bettina Thienhaus, epd Film 4/ 90)
"Der 27-jährige Wassili Pitschul hat zusammen mit seiner Hauptdarstellerin Natalia Negoda ein Stück Filmgeschiche der Sowjetunion geschrieben. Ein Film von erstaunlicher erzählerischer Kraft. In ihm steckt die Wut und das Pathos einer ganzen Generation, die sich jetzt in der Sowjetunion selbst darstellt und zu Wort meldet." (Wolfram Schütte, Frankfurter Rundschau)
Auszeichnungen: Felix 1989, Bestes Drehbuch: Maria Chmelik
Pressezitate:
“Wassilij Pitschuls gefeierter Debütfilm schildert die zerstörerischen Kräfte, die im Kern einer jahrelang gewaltsam disziplinierten Gesellschaft lauern.”
(TV Spielfilm)
„Kleine Vera von Wassili Pitschul - beschreibt den Zustand der sowjetischen Gesellschaft mit einer inhaltlichen und künstlerischen Radikalität, wie es sie im sowjetischen Kino bisher nicht gegeben hat: schonungslos offen, präzise beobachtend, spannend, melodramatisch und realistisch.“
(tip 5/90)
„Mit bitterem Humor, sarkastisch und unverblümt wird hier ein Generationskonflikt aufgezeigt, der seine Ursachen in den gesellschaftlichen Bedingungen hat und unlösbar zu sein scheint. Die Umwelt ist ruiniert; die unterschiedlichen Lebensstile aus Ost und West prallen aufeinander; das Alte und das Neue stehen sich verständnislos und unversöhnlich gegenüber. Der Film bietet keinen Lösungsansatz, keine Perspektive und auch kein Happy-End.“
(aus: Horst Schäfer, Dieter Baacke; Das Leben wie im Kino. Jugendkulturen und Film; Fischer Cinema)