Himmel und Hölle
Deutschland, 1994Regie: Hans-Christian Schmid
Drehbuch: Hans-Christian Schmid
Kamera: Peter Aichholzer
Musik: Norbert Jürgen Schneider
Darsteller*innen: Aline Metzner, Katja Riemann, Shirli Volk u.a.
Produktion: Claussen + Wöbke
BJF-Empfehlung: ab 10 Jahren, FSK: ab 6 freigegeben
Länge: 84 Minuten
Spielfilm, Farbe
Bemerkung: Magnetton
Nach ihrer Scheidung zieht Birgit Halmer mit ihrer elfjährigen Tochter Nina aufs Land. Während die Mutter den Umzug scheinbar problemlos verkraftet, fühlt sich das schüchterne Mädchen alleingelassen. Erst als Nina einer Pfadfindergruppe beitritt, findet sie Geborgenheit und Anerkennung.
Ninas neue Religionslehrerin, Frau Singer, die auch die Pfadfindergruppe leitet, und der Dorfpfarrer sind Anhänger der Sekte "Legion der Heiligen Engel". Sie erziehen ihre Mitglieder zu fanatischer Frömmigkeit und bereiten sie auf den Endkampf zwischen Dämonen und Engeln vor. Nina wird der Wahn eingepflanzt, ihre Mutter lebe in Sünde. Als man ihr einredet, schwarze Katzen gehören zu den Geschöpfen, die den Dämonen als 'Durchstrahler' dienen, ertränkt Nina das Kätzchen, das ihr die Mutter geschenkt hatte. Doch damit ist die Mutter noch nicht gerettet - im Gegenteil. Nach einer Auseinandersetzung mit der Religionslehrerin verbietet Birgit Halmer ihrer Tochter, weiterhin zu den Gruppentreffen zu gehen. Auch Miriam, Ninas beste Freundin, gerät in den Verdacht, von Dämonen besessen zu sein, weil sie schwarzhaarig und etwas dunkelhäutig ist.
In Nina wächst die fatale Vision, nur Miriams Tod könne die Seele ihrer Mutter retten. Durch Zufall wird das Schlimmste verhindert.
Pressezitate:
"Der Film macht auf religiöse Manipulationsmechanismen, die nicht immer leicht zu durchschauen sind, aufmerksam und plädiert für eine religiöse Erziehung ohne Angst und ohne moralische Scheuklappen."
(Hans Strobel, Kinder- und Jugendfilm-Korrespondenz 62/ 95)
"Schmid hat das Thema in einen brillianten, ruhigen Film verwandelt - wunderschön photographiert von Peter Aichholzer, durchweg überzeugend gespielt.”
(Tobias Kniebe, Jetzt-Magazin 19.12.1994)
"Was besonders im Gedächtnis haften bleibt, sind der gefährliche Ernst und die unbedingte Entschlossenheit, auf den Kindergesichtern und die schleimige Durchtriebenheit der Religionslehrerin. Deren schlimmes Treiben findet die ungeteilte Zustimmung des katholischen Pfarrers. Als der Südwestfunk das Stück in München der Presse vorführte, versuchten konservative Kirchenvertreter gegen den Film Stimmung zu machen. Drohungen erhielt auch Regisseur Schmid während der Dreharbeiten für sein eindringliches konzentriertes Filmdebüt.”
(Nikolaus von Festenberg, Spiegel 7.11.1994)
"Die Gestalt des Hiobs in der Bibel ist von einem unerschöpflichen Reichtum. Alle Möglichkeiten menschlichen Lebens und alle Dimensionen unmenschlicher Leiden verkörpern sich in ihm. Er ist ein Zeitgenosse - dieser Film belegt es. Er spricht die Menschen der Gegenwart an: Ein menschlicher Film, dessen vorzügliche Darsteller Hiobs und seines Pflegesohns unsentimetal deutlich machen, dass Glauben Protest und Widerstand gegen das Böse ist, keine dumpfe Ergebenheit kennt, sondern Hoffnung dadurch stiftet, dass er nicht 'zu Kreuze kriecht', auch wenn das Kreuz tödliche Haken hat. Gelebter jüdischer Glaube wie praktizierte Judenfeindschaft werden ohne pädagogischen Zeigefinger dicht und sinnlich erfahrbar.
(Begründung der Jury der Evangelischen Filmarbeit in: medien praktisch 4/84)
"Hans-Christian Schmid konzentriert sich in seiner Story ganz auf die Mechanik der Abhängigkeit. Der Perspektivenwechsel zwischen der kindlichen Naivität und der erwachsenen Welt gelingt ihm spielend und er behält immer ein Auge für das, worauf es ihm ankommt. Und vor allem hat er Hannelore Hoger, die als Leiterin der Herzjesukinder wie immer unbezahlbar ist."
(Michael Althen, Süddeutsche Zeitung)
"Der Film beruft sich auf den authentischen Fall einer innerkirchlichen Sekte im süddeutschen Raum; er versteht sich als Parabel auf die Verführbarkeit durch Ideologien und als Psychogramm der Verführer. Die eindringlichen Darstellerleistungen lassen über die allzu simple und schnelle Wendung zum Guten hinwegsehen und die überdenkenswerte Botschaft des Films ernst nehmen."
(Lexikon des internationalen Films)