Cyrano de Bergerac
Frankreich, 1990Regie: Jean-Paul Rappeneau
Drehbuch: Jean-Paul Rappeneau, Jean-Claude Carrière, nach dem gleichnamigen Theaterstück von Edmond Rostand
Kamera: Pierre Lhomme
Musik: Jean-Claude Petit
Darsteller*innen: Gérard Depardieu, Anne Brochet, Vincent Perez, Jacques Weber, Roland Bertin, Philippe Morier-Genoud
Produktion: Hachette Première/Camera One/Film A 2/DD Prod./UGC/Soficas Sofinergie/Centre National de la Cinémato
BJF-Empfehlung: ab 14 Jahren, FSK: ab 12 freigegeben
Länge: 135 Minuten
Spielfilm, Farbe
Cyrano, dem redegewandten Poeten, haftet ein Makel an. Eine viel zu große Nase verunstaltet sein Gesicht. Lachhaft lang, ein gigantischer Riechkolben, ein Monument der Häßlichkeit - der Worte, das Organ zu umschreiben gibt es viele, und Cyrano findet sie.
Cyrano liebt seine wunderschöne Cousine Roxane, doch in der Angst um den körperlichen Makel traut er sich nicht, seine Gefühle ihr gegenüber einzugestehen. Er kann die Angebetete nur über Umwege lieben: Sie, die den hübschen, aber dummen Jüngling Christian zu vergöttern glaubt, ist eigentlich nur in den Klang schöner Worte vernarrt. Indem sie von Christian Poesie fordert, er aber nur profane Liebesbekenntnisse zustande bringt, gibt sie Cyrano die Möglichkeit, sein Werben um Roxanes Gunst indirekt fortzusetzen. Der Häßliche borgt dem Schönen seine Wortgewalt, schreibt dem ungeschickten Liebhaber stolze Verse und verhilft ihm so zur ersehnten Umarmung. Er selbst steht wieder einmal im Schatten, während andere die Früchte ernten, die er zum Reifen gebracht hat. Doch der erflehte Kuß beweist nicht mehr, als daß der Vollzug der Liebe fad, deren ungestilltes Verlangen aber die wirkliche Passion ist. Cyranos Schicksal, immer der zweite zu sein, ist eine glückliche Fügung. Wie jämmerlich wäre es, wenn das Unerreichbare plötzlich näher rücken würde, oder Cyrano gar ans Ziel seiner Träume käme. Doch die Einsicht, daß Liebe in ihrer Unmöglichkeit viel intensiver sein kann, hilft nicht gegen Wut und Schmerz darüber, daß jeder Tölpel eher zum Zug kommt. Das ist das Geheimnis der Spannung, die den Film über die atemberaubende kolossale Inszenierung noch hinaushebt. Bis zuletzt bangt der Zuschauer voller Mitleid für den armen Cyrano, ob er die Scham über seine völlig unerhebliche Entstellung der Nase überwinden kann und das Wort siegen läßt über das Bild. Dann muß auch der Film zu Ende sein, denn wo die sorgfältig austarierte Balance zwischen Sprache und Bildhaftigkeit zerbricht, gibt es nichts mehr zu sehen.... (nach Christof Boy, taz)